22. Oktober, 6. Tag:Früh aufstehen ist angesagt, im Urlaub ist das halb sieben. Noch ist es draußen vollkommen dunkel, es wird erst gegen 7.30 Uhr hell, die Sonne geht um acht auf. Wir wollen mit dem Bus nach Haria, denn dort ist Markt. Wir freuen uns auf frisches Obst und frischen Käse. Doch zunächst muss die richtige Bushaltestelle gefunden werden. Das ist hier immer ein bisschen wie Lotto spielen, viel Kreisverkehr und Richtungswechsel. Dann die hoffentlich richtige Haltestelle ausgewählt - ja, der Bus ist pünktlich. Wie froh einen doch solche kleinen Dinge machen können! Wie man los lassen kann, hier im Urlaub auf dieser Insel: Erfolg definiert sich auf einmal über den richtigen Zustieg in den Bus. Wäre der Alltag hier anders, enttäuschend, wie Alltag uns allzu oft erscheint? Wozu daran denken, es ist Urlaub hier auf Lanzarote. Aber wie so oft im Leben heißt es auch hier Enttäuschungen einstecken: Als wir in Haria ankommen, ist es 9.00 Uhr, weit und breit kein Markt, allenfalls eine Ahnung von Ständeaufbau. Das kann mindestens noch eine Stunde dauern. Also hingesetzt auf eine Bank unter den Lorbeerbäumen auf der Plaza de Leon y Castillo und einen Plan gemacht. Wir wandern nach Guinate in den Vogelpark - drei Stunden. Das erste Stück schon bekannt von der Wanderung nach Orzola: über den Königsweg nach Maguez. Dort haben wir dieses Mal Schwierigkeiten den richtigen Weg am Ortsausgang zu finden. Selbst dieser kleine Ort scheint endlos, frustriert biegen wir um immer mehr Ecken in immer gleich aussehende Gassen. Das ursprünglich als schön empfundene Weiß der Häuser wird zur Farce bei der Suche nach der Plaza des Ortes. Nur eins ist klar - immer aufwärts Richtung Nordwest. Schließlich eine alte Frau in Kittelschürze. Verständigung mit den wenigen Brocken Spanisch und Händen und Füßen. Ja, sie hat begriffen, wohin wir wollen. Ihre wortreichen Erklärungen verstehen wir nicht, aber, dass die Richtung stimmt. Kurze Zeit später sind wir sicher, dass wir auf der vom Reiseführer beschriebenen Route sind. Links und rechts Landwirtschaft, vor allem Tabak, diese giftige Pflanze. Und jede Menge Hunde, die uns ankläffen und vor denen wir manchmal doch auch richtig Angst haben. Der Weg führt in Serpentinen nach oben, im Rücken unten im Tal Maguez, dahinter Haria und das Tal der Tausend Palmen. Noch weiter zur Ostküste hin der Berg Atalaya. Rechter Hand wiederum der Monte Corona. Und wir wandern direkt auf den Los Helechos zu, was soll es anderes sein als ein weiterer Vulkan? Immer höher, immer steiler, bis wir auf dem Kamm des Famara-Massives stehen.
Da hält ein LKW vor uns, der Fahrer macht Zeichen, die wir nicht deuten können. Er zeigt in eine Richtung, die wir dann auch einschlagen. Wollte er den erschöpften Wanderern (mit Kind!) eine Raststätte empfehlen? Hunger haben wir, aber das Wasser reicht auch noch eine ganze Weile. Neugierig folgen wir den Zeichen. Als wir den sandigen Berg erklommen haben , ist klar, was er meinte - eine einfach atemberaubende Aussicht, die man wirklich nicht verpassen sollte. 10 m vor uns die steil abfallenden Klippen des Famarra-Massivs. Dann die Meerenge El Rio und der Blick auf La Graciosa und seine vorgelagerten Inseln. Auf dem Weg ins Tal nach Guinate wird uns dieser Anblick noch eine ganze Weile begleiten. Immer wieder Stehen bleiben, Fotografieren. Im Banne der Technik aber nicht vergessen, dass es da noch einen Fotoapparat gibt, einen, der nicht anfällig für Updates und Auslaufmodelle ist. Also Ruhe, alles aus der Hand legen, sich besinnen und Fotos machen für das innere Sehen, die Bilder im Gedächtnis speichern um sie für immer behalten zu können. Müde, aber sehr zufrieden kommen wir um die Mittagszeit schließlich im Parque Tropical in Guinate an.
Der Rest des Tages, auch wenn es noch die Hälfte ist, verläuft gemächlich: Tierpark ansehen , etwas Essen, Karten schreiben, mit dem Taxi nach Hause und abends in Punta de Mujeres Pizzaessen. Genügend Zeit, die grandiosen Landschaftsbilder in sich wirken zu lassen. Auch soll dem ahnungslos zu Hause hinter der Ofenbank Sitzenden gesagt sein, dass eine Wanderung auf Lanzarote niemals nach Kilometerzahlen gemessen werden kann.
Copyright: Susanne Siems |